Wie können Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels Arbeitskräfte gewinnen und wie machen sie sich fit für die Transformation? Diese Frage treibt aktuell viele Menschen um. Das zeigt das große Interesse am digitalen Live Briefing der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit Table Briefings am 09.07. mit 380 Teilnehmenden. 

Anlass des Live Briefings war die Studie „Stetiger Wandel der Anforderungen“ der Bertelsmann Stiftung, in der durch Interviews mit verschiedenen Unternehmen zentrale Transformationstreiber und innovative Lösungsansätze identifiziert wurden. Besonders herausfordernd ist es für Unternehmen Fachkräfte zu gewinnen und sich fit für die Arbeitswelt von Morgen zu machen. Wie dies gelingt, und welche Rolle die Aus- und Weiterbildung dabei spielt, diskutierten beim Live Briefing  

  • Mareike Lotte Wulf, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 
  • Evelyn Räder, Bereichsleiterin Arbeitsmarktpolitik bei ver.di, 
  • Lisa Schröder, Personalreferentin der Henrich Schröder GmbH und 
  • Larissa Klemme, Expertin der Bertelsmann Stiftung für Future Skills am Arbeitsmarkt. 

Larissa Klemme stellte die Studienergebnisse vor und zeigte, dass Unternehmen Kompetenz- und Weiterbildungsmanagement als zentral für die Bewältigung von Transformationsprozessen bezeichnen. Dennoch erfassen viele die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden nicht systematisch und fördern (über-)fachliche Fähigkeiten nicht gezielt. Als Hemmnisse nennen Unternehmen den Mangel an Zeit und Budget. Das hemmt eine strategische Weiterbildungsplanung – insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs). 

Staatsekretärin Mareike Lotte Wulf betonte, dass Zeit für den Erwerb von Basiskompetenzen in den abgebenden Bildungsbereichen effizienter genutzt werden müsse, damit junge Menschen ihren Schulabschluss schaffen und ausbildungsreif sind. Dem Fachkräftemangel möchte sie zudem entgegenwirken, indem das Erwerbspotenzial von Frauen, u. a. durch den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten, gehoben wird. Außerdem schreibt sie der beruflichen Weiterbildung zur Fachkräftesicherung eine bedeutende Rolle zu. Mit Blick auf die rund 4. Mio. Erwachsene ohne Berufsabschluss in Deutschland, setzt sie auf abschlussorientierte, flexible Weiterbildungsangebote wie die Teilqualifizierung. Diese Form der Weiterbildung baut auf den vorhandenen Kompetenzen und der Berufserfahrung der Teilnehmenden auf und ist demnach vergleichsweise kosten- und zeiteffizient. 

Lisa Schröder berichtete aus der Unternehmenspraxis, wie herausfordernd es ist, passende Weiterbildungsangebote für Mitarbeitende und Fördermöglichkeiten – z. B. über das Qualifizierungschancengesetz – zu finden. Die Firma zahlte den „Kälteschein“ für ihre Monteure von Wärmepumpen daher notdürftig selbst, Schröder empfindet die fehlende Übersichtlichkeit im Angebotsdschungel als echte Weiterbildungsbarriere. Um gut qualifizierte Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen, setzt das Unternehmen stark auf die eigene Ausbildung. 22 der rund 70 Mitarbeitenden sind Auszubildene, so Schröder. Bei zunehmend fehlenden Basis- und Schlüsselkompetenzen der Bewerber:innen, ist jedoch eine intensivere Begleitung der Azubis notwendig, die viele – noch kleinere Unternehmen – häufig nicht (mehr) stemmen können. 

Evelyn Räder verwies auf die assistierte Ausbildung, bei der Bildungsanbieter Unterstützung durch Nachhilfe, Bewerbungstrainings etc. nach den Bedürfnissen der Auszubildenen und Betriebe gleichermaßen anbieten. Sie befürwortete zudem die Idee der Ausbildungsumlage, ein Finanzierungsinstrument, mit dem Unternehmen gemeinschaftlich die Kosten für die berufliche Ausbildung von Auszubildenden tragen, indem sie in einen Fond einzahlen – unabhängig davon, ob sie selbst ausbilden oder nicht. 

Larissa Klemme verwies auf die Relevanz einer ausgeprägten Lernkultur in Unternehmen, um die Weiterbildungsbeteiligung von Beschäftigten zu steigern. Bieten Unternehmen betriebliche Weiterbildung an, wird Lernen wertgeschätzt und werden Beschäftigte von ihren Vorgesetzten unterstützt, reduziert das die Weiterbildungsbarrieren. Damit auch KMUs ohne Personalabteilung Weiterbildung möglichst strategisch planen können, bedarf es einer besseren Übersicht an Förderangeboten, aber auch einer Veränderungskultur in Unternehmen, die mit kreativen Ideen und Investitionen in die Zukunftskompetenzen der Mitarbeitenden einhergeht. 

Moderiert wurde das Live Briefing von Thorsten Denkler, Leiter von Bildung.Table. Die Diskussion war rege und die Fragen aus dem Publikum zahlreich. Die Botschaft der Studie kam an und wurde geteilt: Aus- und Weiterbildung ist ein zentraler Hebel für erfolgreiche Transformation und die Fachkräftesicherung. 

Alle Beiträge dieser Blogreihe: 

5 Transformationstreiber und 5 Lösungsansätze – Unternehmen gestalten Veränderung in Zeiten des Wandel 

Fachkräfte dringend gesucht: Wie ein Handwerksbetrieb mit dem Mangel umgeht 

Mit Mut, Zusammenhalt und frischen Ideen – die Erfolgsgeschichte eines Seminarhotels 

Zuhören, Ausprobieren, Lernen – Drei Hebel für erfolgreiche Change-Prozesse in einem Großkonzern – Blog Berufswelten