Viele Menschen in Deutschland haben keinen vollwertigen Berufsabschluss und damit große Nachteile auf dem Arbeitsmarkt. Das „Kölner Bildungsmodell“ führt Arbeitslose mit einem individuellen Coaching und einer schrittweisen Ausbildung zum Berufsabschluss – ein Erfolg, der jetzt auch durch eine externe Evaluation bestätigt wird.
Seit 2014 hat das Kölner Bildungsmodell neunzig Menschen im Alter von 25 bis 35 Jahren zu einem vollen Berufsabschluss geführt. Das Angebot richtet sich an junge Erwachsene, die einen Hauptschul- oder vergleichbaren Abschluss, jedoch keinen qualifizierten Berufsabschluss besitzen. Schritt für Schritt haben die Teilnehmenden über modulare Qualifizierung ihren Berufsabschluss erworben. Sie erzielten dabei im Durchschnitt bessere Ergebnisse als Menschen, die eine klassische Ausbildung absolvieren.
Durch seine Flexibilität – also den modularen Aufbau und die Möglichkeit der Unterbrechung – kommt das Kölner Bildungsmodell der Bedarfslage der Zielgruppe entgegen. Nach dem Abschluss eines Moduls können die Teilnehmenden pausieren, weitere Module absolvieren oder sich mit der erworbenen Qualifikation einen Arbeitsplatz suchen. Nach Abschluss aller Module kann durch die Prüfung ein Berufsabschluss erworben werden. Bis dahin durchlaufen die Teilnehmenden des Kölner Bildungsmodells drei Phasen: zu Beginn eine zweiwöchige Potenzialanalyse, dann die vierwöchige Eignungsfeststellung und schließlich die modulare Qualifizierung. Die vier bis zehn Module pro Ausbildung schließen jeweils mit der Verleihung eines Zertifikats der Handwerkskammer zu Köln oder der Industrie- und Handelskammer zu Köln ab. Während der gesamten Zeit findet ein begleitendes Coaching statt. „Mit dem Kölner Bildungsmodell sind wir einen völlig neuen Weg gegangen“, resümiert Olaf Wagner, Geschäftsführer des Jobcenter Köln. „Und nach ersten Erfolgen in der Pilotphase haben wir es in unser Regelangebot aufgenommen.“
Berufliche Karriere statt Aushilfsjob
„Ich habe hier gelernt, an mich zu glauben und an mir zu arbeiten“, sagt Mehrat Rafati, der mit dem Kölner Bildungsmodell seine Ausbildung zum Verkäufer abgeschlossen hat. Als Zweijähriger kam der gebürtige Iraner mit seiner Mutter nach Deutschland. Nach einer abgebrochenen Ausbildung arbeitete er fast zehn Jahre als Service-Mitarbeiter im Einzelhandel und in der Gastronomie. Er bewarb sich auf mehrere Ausbildungsstellen und erhielt nur Absagen. Schließlich vermittelte ihn sein Jobcenter-Berater 2014 in eine Ausbildung im Kölner Bildungsmodell. Die guten Noten, das positive Feedback von den Praktikumsstellen und seinem Jobcoach, der ihn die gesamte Ausbildungszeit begleitete, motivieren ihn weiterzumachen. „Ich möchte das nachholen, was ich in jungen Jahren verpasst habe“, erklärt er. Derzeit holt er das Fachabitur nach, um anschließend BWL zu studieren.
Der Evaluationsbericht zeigt: Kölner Bildungsmodell ist ein Erfolgskonzept. Ziel der Evaluation war es, Erfolge sowie Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Erste Zahlen dieser Evaluation liegen nun vor:
Von den bis dahin 466 Teilnehmenden des Kölner Bildungsmodells befanden sich im April 2018 ein Drittel in der aktiven Qualifizierung. Den Übrigen stehen weitere Qualifizierungsmodule und gegebenenfalls die Externenprüfung offen. Von den 90 Teilnehmenden, die bis Ende April 2018 die Qualifizierung im Kölner Bildungsmodell durchlaufen haben und zur Prüfung gemeldet waren, haben 95 Prozent die Prüfung bestanden und dabei bessere Prüfungsergebnisse erzielt als reguläre Auszubildende in den jeweiligen Berufen. „So profitieren alle Beteiligten: Auf der einen Seite gewinnen Unternehmen dringend benötigte Fachkräfte; auf der anderen Seite erwerben An- und Ungelernte durch die modulare Qualifizierung Schritt für Schritt einen Berufsabschluss.“ erklärt Johannes Klapper, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln.
Und auch diejenigen, die aus der Qualifizierung vorübergehend oder dauerhaft ausgetreten sind, haben im Durchschnitt zwei Qualifizierungsmodule erfolgreich beendet. Sie haben damit Teilerfolge und Kammerzertifikate erreicht, die sie direkt auf dem Arbeitsmarkt und zu einem späteren Zeitpunkt für eine weitere Qualifizierung nutzen können.
Vorbild für andere Kommunen
Zu den guten Ergebnissen sagt Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln: „Das Kölner Bildungsmodell ist für Menschen, die unter bisherigen Bedingungen vermutlich nie einen Berufsabschluss erreicht hätten. Es ist großartig, wie gut die Qualifizierung angenommen wird und wie erfolgreich die Teilnehmenden sind. Das Konzept hat sich in Köln bewährt und ist zum Vorbild für andere Kommunen in Deutschland geworden. Auch die Absolventen haben sich bewährt und großen Einsatz bewiesen, den künftige Arbeitgeber sicherlich zu schätzen wissen.“
Die Ergebnisse der Evaluation wurden auf der Fachkonferenz „Schritt für Schritt zum Berufsabschluss“ am 04.02.2019 im Historischen Rathaus zu Köln vorgestellt. Hauptredner war Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit.
Das Kommunale Bündnis für Arbeit Köln ist ein Zusammenschluss von zentralen Akteurinnen und Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Ihm gehören das Jobcenter Köln, die Agentur für Arbeit Köln, die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer zu Köln, die Kreishandwerkerschaft Köln, unterschiedliche Dezernate und Ämter der Stadtverwaltung Köln, der DGB Region Köln-Bonn, der Arbeitgeber Köln e.V. und die im Wirtschaftsausschuss stimmberechtigten Ratsfraktionen an. Gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung wurde in den beiden vergangenen Jahren das Projekt evaluiert. Aus dem dazugehörigen Bericht stammen die angeführten Daten.
Auf der Website des Kölner Bildungsmodells finden Sie den Evaluationsbericht sowie eine Management Summary zum Download: www.koelner-bildungsmodell.de
Dort finden Sie auch den Imagefilm zum Kölner Bildungsmodell.
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