Mit dem BVaDiG hat der Bundestag ein absehbar nahezu wirkungsloses Gesetz beschlossen
Die Anerkennung informell erworbener Kompetenzen ist ein zentraler Hebel für die Fachkräftesicherung und ein Grundstein für eine Weiterbildungsrepublik. Leider springt das soeben beschlossene Berufsvalidierungs- und digitalisierungsgesetz (BVaDiG) schon im Ansatz zu kurz: Der Doppelherausforderung von 4.4 Mio. Geringqualifizierten und 1.7 Mio. offenen Stellen werden gerade einmal 1.150 Validierungen pro Jahr entgegengesetzt. So wird das nichts mit echten Aufstiegschancen für informelle Fachkräfte.
BVaDiG als nächstes im Bundesrat
Die Ampelparteien verteidigten den Gesetzentwurf mit Verweis auf einen ersten Schritt Richtung mehr Anerkennung informellen Lernens. Meine Befürchtung ist jedoch, dass dieser kleinste aller Schritte fürs Erste der letzte in diesem wichtigen Themenfeld sein könnte. Ein wenig Hoffnung macht der angenommene Entschließungsantrag der Mehrheitsfraktionen, der zumindest eine Evaluation des Gesetzes nicht erst nach 10 Jahren sondern schon im Sommer 2028 vorsieht. Ein Silberstreif bildet auch der abgelehnte Entschließungsantrag der CDU, der darauf gedrungen hätte „sicherzustellen, dass jährliche Feststellungsverfahren nicht auf 1.150 Fälle beschränkt werden, sondern Feststellungsverfahren möglichst entsprechend der tatsächlichen Nachfrage durchgeführt und wirklich alle vorhandenen Potenziale aktiviert werden“. Vielleicht dürfen wir in der nächsten Legislatur doch noch eine Reform der Reform erwarten.
Nach dem mehrheitlichen Beschluss im Bundestag geht das zustimmungspflichtige Gesetz nun in den Bundesrat. Eine deutliche Verbesserung des Gesetzes darf man sich von dort allerdings nicht erhoffen. Schon die Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf ließ erkennen, dass es sogar noch weiter abgeschwächt werden sollte, z. B. durch eine deutliche Verlängerung der notwendigen Vorerfahrungen und die Streichung selbst der Option der überwiegenden Vergleichbarkeit.
Deutschland hat hier eine große Chance vertan. Wie ein wirksames Anerkennungssystem für informelles Lernen aussehen müsste, und welche Rolle Teilqualifikationen dabei spielen können, ist in meiner Stellungnahme zum ursprünglichen Gesetzentwurf zu lesen.
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