Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit blieben im Jahr 2015 ca. 41.000 duale Ausbildungsstellen unbesetzt. Das sind fast 8 Prozent des gesamten Angebots an Ausbildungsstellen des letzten Jahres.

Wie kann das sein, wo doch immer noch 250.000 Jugendliche jedes Jahr eine Maßnahme des Übergangssystems anstelle einer Berufsausbildung aufnehmen? Für die unbesetzten Ausbildungsplätz werden wahlweise  die Akademisierung, regionale Unterschiede oder eine angeblich fehlende Ausbildungsreife der jungen Menschen verantwortlich gemacht. Ein wesentlicher Grund wird dabei häufig unterschlagen: unbesetzte Ausbildungsplätze sind zu einem großen Teil hausgemacht. Die besonders betroffenen Berufe bieten häufig schlechte Ausbildungsbedingungen und sind für junge Menschen deshalb nicht attraktiv. Ich habe dazu mal einen Test gemacht und die Statistiken für unbesetzte Ausbildungsstellen mit den Ausbildungsumfragen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) der letzten 5 Jahre verglichen. In der Ausbildungsumfrage werden jedes Jahr die Ausbildungsbedingungen der 25 zahlenmäßig stärksten dualen Berufe von den Azubis in diesen Berufen bewertet.

Drei der Berufe mit den meisten unbesetzten Ausbildungsstellen im Jahr 2014 – Restaurantkaufmann/-frau (34,4 %), Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk (30 %) und Koch/Köchin (19,6 %) nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung – kommen auch in der Ausbildungsumfrage vor. Restaurantkaufmann/-frau allerdings nur in den Jahren 2011 und 2012.  Alle drei Berufe landen in der Ausbildungsumfrage regelmäßig in der Gruppe der 5 Berufe mit den schlechtesten Bewertungen – siehe folgenden Tabelle:

Nennungen in der Gruppe der 5 am schlechtesten bewerteten Berufen, der DGB Ausbildungsumfrage

Tabelle
Andere Berufe mit einem großen Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen, wie etwa Klempner (28,0 %) Fleischer (27,4 %) oder Fachmann/-frau für Systemgastronomie (27,1 %), würden wahrscheinlich ähnliche Bewertungen bekommen.

Um wieder mehr Auszubildende zu finden, wäre es sinnvoll an diesem Punkt anzusetzen und die Ausbildungsbedingungen zu verbessern: dazu gehören weniger Überstunden, eine bessere Qualität der fachlichen Ausbildung im Betrieb und vielleicht auch ein freundlicherer Umgang mit den Auszubildenden.  Das ist schwieriger umzusetzen, wäre aber auf längere Sicht effektiver als mehr Werbung oder Imagekampagnen für unbeliebte Berufe. Schlechte Ausbildungserfahrungen sprechen sich schließlich bei jungen Menschen rum.

Letztendlich können wir alle zu besseren Ausbildungsbedingungen beitragen: Keinen Discount-Haarschnitt für 7 Euro (ja, gibt es wirklich!) machen lassen, freundlich zu VerkäuferInnen, Reinigungskräften und (Zahn-) Arzt-HelferInnen sein, in Restaurants und Hotels etwas Geduld haben  und nicht am Trinkgeld sparen. Kleinigkeiten. Aber immerhin.