Im Rahmen einer Online-Veranstaltung wurden am 12. April die Ergebnisse unserer Studie „Mehr Weiterbildung für alle – Fachkräftesicherung durch Bildungszeit“ vorgestellt und von Vertretern des deutschen und österreichischen Arbeitsministeriums kommentiert. Insgesamt stieß die Studie auf große mediale und politische Resonanz.

Zentrales Thema der Veranstaltung war der Kernbefund unserer Studie: Der Wille zur beruflichen Weiterbildung ist da, aber es fehlt vor allem die Zeit. Hier setzt die politische Idee einer Bildungszeit an, die es Arbeitnehmer:innen ermöglicht, sich bei Lohnersatz selbstbestimmt weiterzuqualifizieren. Neben den Ministeriumsvertretern waren bei der Veranstaltung auch zahlreiche Akteur:innen aus der Stakeholderlandschaft der Aus- und Weiterbildung anwesend, wie unter anderem von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder auch dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Einordnung der Studienergebnisse und -empfehlungen erfolgte durch Thomas Hildebrandt, Referatsleiter „Qualifizierung, Weiterbildungsförderung von Beschäftigten, Bildungszeit“ (BMAS) und Johannes Schweighofer, Abteilungsleiter „Internationale Arbeitsmarktpolitik und Forschung“ (Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Österreich).

In der Online-Veranstaltung bekräftigte Thomas Hildebrandt (BMAS) die Ergebnisse der Studie, indem er zu fast allen Handlungsempfehlungen zustimmte. Die Bildungszeit müsse als Instrument individueller Weiterbildung in die Landschaft der Instrumente mit aufgenommen werden. Kritikpunkte an unserer Position sieht das Ministerium allerdings beim vollen Lohnersatz für Geringverdienende. Anstelle der Einführung einer 100-prozentigen Ersatzleistung für Mindestlohnempfänger:innen schlägt das Ministerium vor, den Bürgergeldbezug für diese Gruppe zu öffnen. Kritisch sieht er auch die vorgeschlagene Zertifizierungspflicht der Weiterbildungsmaßnahmen, um einen direkten Arbeitsmarktbezug sicherzustellen. Hier plädierte Hildebrandt für einen stärkeren Fokus auf Flexibilität anstatt auf eine strengere Regulierung der Weiterbildungsinhalte.

An diesem Punkt setzte Johannes Schweighofer vom österreichischen Ministerium an und forderte eine stärkere Qualitätskontrolle der Weiterbildungsmaßnahmen. Hintergrund ist eine vor wenigen Wochen veröffentlichte Evaluation der Bildungszeit in Österreich, die einen deutlichen Reformbedarf offengelegt hat. Denn die sogenannte Bildungskarenz wird häufig von ohnehin bereits Höhergebildeten in Anspruch genommen oder etwa zur Erfüllung von Betreuungspflichten genutzt, ohne dabei auf die klare Arbeitsmarktverwertbarkeit der Weiterbildung zu achten.

Angesichts der Qualifikations- und Weiterbildungsbedarfe zur Bewältigung des Strukturwandels sowie der aktuellen Evaluation der Bildungskarenz stießen unsere Ergebnisse auf ein großes Interesse in deutschen und österreichischen Kreisen. So werden unsere Handlungsempfehlungen für die Einführung einer Bildungszeit in Deutschland auch als Reformvorschläge für die Bildungskarenz in Österreich diskutiert. Vor diesem Hintergrund werden sich beide Ministerien weiterhin intensiv mit dem Thema beschäftigen. Mit regelmäßigen Vorträgen und Gesprächen bei den relevanten Stakeholdern bleiben auch wir an der Einführung einer Bildungszeit in Deutschland dran.