Arme und Geringqualifizierte im zentralen Erwerbsalter (25 bis 54 Jahre) bilden sich im Vergleich zur restlichen Bevölkerung deutlich weniger fort: 2015 nahmen nur 7,7 Prozent der Armen und 5,6 Prozent der Geringqualifizierten an Weiterbildung teil. Dabei profitieren besonders Geringqualifizierte von Weiterbildung. Da ist es alarmierend, dass sie um zwei Drittel unter der Beteiligungsquote der Durchschnittsbevölkerung (12,2 Prozent) liegen.

Weiterbildung bietet die Chance, beruflich ein- und aufzusteigen und dadurch für den eigenen Lebensunterhalt sorgen zu können. Durch Qualifikation und Weiterbildung können Menschen Fachkrafttätigkeiten übernehmen, welche die Wirtschaft dringend benötigt. Darüber hinaus ergeben sich auch gesamtwirtschaftlich positive Effekte, denn jeder Arbeitslose, der den Sprung in die Erwerbstätigkeit schafft, entlastet den Sozialstaat.

Eine besondere Gruppe bei der Weiterbildung sind demnach die Geringqualifizierten. Für sie ist der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen enorm wichtig. Als geringqualifiziert gilt, wer über keinen berufsqualifizierenden Abschluss verfügt. 2015 zählten dazu 13,2 Prozent der Deutschen (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2017). Das ist zwar weniger als in den Vorjahren, jedoch liegt die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten mit 20,3 Prozent fünfmal so hoch wie die Quote der Menschen mit Berufsabschluss (4,0 Prozent; IAB 2016). Wer beruflich nicht ausreichend qualifiziert ist und über keine formalen Abschlüsse verfügt, hat also ein deutlich höheres Arbeitslosenrisiko.

Deutliche Länderunterschiede auf niedrigem Niveau

Weiterbildung kann also vor Arbeitslosigkeit schützen. Doch auch bei der Weiterbildung Geringqualifizierter gibt es regional große Unterschiede: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Geringqualifizierter fortbildet, war 2015 in Sachsen-Anhalt fast doppelt so hoch wie in Nordrhein-Westfalen. Während in Sachsen-Anhalt fast jeder elfte Geringqualifizierte an Weiterbildung teilnahm, war es in Nordrhein-Westfalen nur knapp jeder 22. Mit einer Quote von 8,7 Prozent lag Sachsen-Anhalt auch deutlich über dem Bundesdurchschnitt für Geringqualifizierte (5,6 Prozent). Insgesamt schnitten elf Bundesländer überdurchschnittlich ab. Die Länder Brandenburg, Saarland, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen lagen hingegen unter dem Bundesdurchschnitt.

Grundsätzlich unterscheiden sich die Länder in der Weiterbildungsbeteiligung für Geringqualifizierte deutlich. Betrachtet man jedoch die Beteiligung der Durchschnittsbevölkerung (12,2 Prozent), zeigt sich, dass bei der Weiterbildung von Geringqualifizierten deutschlandweit Handlungsbedarf besteht.

 Weiterbildungsbeteiligung bei Armen ebenfalls niedrig

Auch bei der armutsgefährdeten Bevölkerung sind die Teilnahmequoten weit unterdurchschnittlich. Mit einer Beteiligung von bundesweit 7,7 Prozent bilden sich anteilsmäßig zwar mehr Arme als Geringqualifizierte weiter, doch liegt auch diese Quote noch deutlich unter der Beteiligung der restlichen Bevölkerung.

Zwischen der Gruppe der Armen und der Gruppe der Geringqualifizierten gibt es Überschneidungen. So sind Geringqualifizierte häufig auch armutsgefährdet: 2014 hatten sie gegenüber formal qualifizierten Menschen ein doppelt so hohes Risiko zu verarmen (Statistisches Bundesamt, 2015). Umgekehrt sind Arme nicht unbedingt geringqualifiziert. Auch gut gebildete Menschen sind von Armut betroffen. In Deutschland reicht es bereits aus, alleinerziehend zu sein, um sein Armutsrisiko gegenüber einem Paarhaushalt um das Fünffache zu erhöhen. Dass Arme eher an Weiterbildung teilnehmen als Geringqualifizierte, hängt also auch damit zusammen, dass der Anteil bildungsferner Menschen unter den Armen geringer ist – allein schon durch die vielen, häufig gut ausgebildeten Alleinerziehenden.

Auch bei den Armen gibt es je nach Bundesland deutliche Unterschiede bei der Weiterbildungsbeteiligung. Mit 10,1 Prozent liegt Bremen um zwei Drittel über dem Schlusslicht Saarland (6,0 Prozent). Auch die Länder Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen weisen geringe Quoten auf. Im Ergebnis unterscheidet sich die Situation der Armen also kaum von der Situation der Geringqualifizierten: Sie nehmen in jedem Bundesland weit unterdurchschnittlich an Weiterbildung teil.

Weiterbildung ist somit sehr ungleich verteilt – sowohl räumlich als auch über die verschiedenen Bevölkerungsgruppen hinweg. Neben ihren individuellen Bedarfen vor Ort müssen die Bundesländer also grundsätzlich prüfen, wie gerade geringqualifizierte und armutsgefährdete Menschen stärker für Weiterbildung gewonnen und dabei unterstützt werden können. 

Weitere Beiträge der Serie:

Deutscher Weiterbildungsatlas 2018: Unverändert große regionale Unterschiede (1/4)

Deutscher Weiterbildungsatlas 2018: „Relevant ist nicht die Frage ob ein angelernter Bandarbeiter genauso oft an Weiterbildung teilnimmt wie eine Kardiologin“ (2/4)

Deutscher Weiterbildungsatlas 2018: Wie schneidet Nordrhein-Westfalen bei der Weiterbildungsbeteiligung ab? (3/4)

Deutscher Weiterbildungsatlas 2018:  Arme und Geringqualifizierte – Bei Zugang zu Weiterbildung deutlich benachteiligt (4/4)