(Ausbildung ökonomisch betrachtet Teil 7/7)
Duale Ausbildungsmodelle sind international gefragt. Insbesondere Länder mit hoher Jugendarbeitslosigkeit streben danach, ihre beruflichen Ausbildungssysteme praxisnäher zu gestalten, um die Übergänge junger Menschen in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Als große Hürde bei der Einführung von dualen Ausbildungsmodellen in Ländern ohne diese Tradition erweist sich dabei die Beteiligung von Unternehmen. Denn ein Staat kann zwar Gesetze erlassen und Rahmenbedingungen schaffen, aber ohne die – freiwillige! – Beteiligung von Betrieben gibt es keine duale Ausbildung. Diese sehen jedoch oftmals nur den Kostenfaktor.
Die Bildungsökonomen Prof. Dr. Stefan C. Wolter und Prof. Dr. Samuel Mühlemann haben deshalb in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ländern empirische Daten rund um das Kosten-Nutzen-Verhältnis erhoben und zudem Kosten-Nutzen-Simulationen durchgeführt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen duale Ausbildung eine Win-Win-Situation für Auszubildende und Betriebe darstellt. Dies ist der letzte Teil einer Reihe von sieben Blogbeiträgen, in denen zentrale Erkenntnisse aus diesen Studien vorgestellt werden.
Lektion 7: Qualität und Dauer der Ausbildung können die Nettokosten senken und die Rentabilität der Berufsausbildung erhöhen
Zu niedrige Bildungsrenditen – wie in Lektion 6 beschrieben – entstehen, wenn kaum ein Unterschied besteht zwischen dem Lohn einer ausgebildeten Fachkraft und dem einer ungelernten Arbeitskraft. Es lohnt sich dann für den Einzelnen ökonomisch nicht, eine Ausbildung zu absolvieren. Die Ursache zu niedriger Bildungsrenditen kann darin liegen, dass in einer bestimmten Branche trotz des Einsatzes ausgebildeter Fachkräfte einfach keine Waren und Dienstleistungen produziert werden können, die höhere Preise erzielen und somit Gewinne generieren, die höhere Löhne ermöglichen würden. In einem solchen Fall macht es aus ökonomischer Sicht für einen Betrieb keinen Sinn, mit viel Aufwand auszubilden.
Trotzdem muss das nicht bedeuten, dass Ausbildung hier grundsätzlich nicht angeboten werden sollte: Wenn der Beruf die Vorstufe zu einem anspruchsvolleren Beruf darstellt, den man nur erlernen kann, wenn man zunächst den Grundberuf erlernt hat, oder die Ausbildung bereits auf andere zusätzliche Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung vorbereitet, kann für den Auszubildenden perspektivisch eine lohnende Bildungsrendite entstehen. Zum Beispiel könnte ein Verkäuferberuf Grundlage und Bedingung für eine Position im mittleren Management eines Einkaufszentrums sein. Der Auszubildende hat dann mittelfristig bessere Gehaltsperspektiven und der Ausbildungsbetrieb kann Kandidaten für das mittlere Management finden, die er auf dem externen Arbeitsmarkt nicht oder nur zu höheren Kosten rekrutieren könnte. Die eingesparten Rekrutierungskosten sind für einen Betrieb häufig eine erhebliche Kostenkomponente.
Wenn die zu geringe Lohndifferenz lediglich eine Folge zu geringer Ausbildungsqualität ist, muss ein ausbildender Betrieb überlegen, ob und inwieweit eine bessere Ausbildung die Produktivität der Mitarbeiter oder die Zahlungsbereitschaft der Kunden steigern kann, ohne dass der Betrieb befürchten muss, dass Kunden zu seinen Wettbewerbern wechseln. Die Verbesserung kann entweder qualitativ sein oder quantitativ in dem Sinne, dass dem Auszubildenden im Rahmen seines Einsatzes im Betrieb mehr Ausbildungszeit zur Verfügung gestellt wird und er dafür weniger Zeit im wertschöpfenden Arbeitsprozess verbringt.
Neugierig geworden? Die ausführliche Fassung dieser und der anderen sechs Lektionen findet sich hier.
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