Beitrag 3 der Blogreihe „Wie sich Unternehmen für die Zukunft wappnen“, in der wir Ihnen verschiedene Unternehmen und ihre mutigen, pragmatischen und innovativen Ansätze vorstellen. Diese zeigen: Es lohnt sich auch in schwierigen Zeiten, anzupacken und Veränderungen aktiv mitzugestalten. Heute: Das Seminarhotel Paulinenhof.
Der Paulinenhof in Bad Belzig im Fläming, einer ländlichen Region in Brandenburg, weiß, was Transformation bedeutet. Der Paulinenhof ist eines der Unternehmen, denen es gelungen ist, in schwierigen Zeiten wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. Wo die Dorfstraße von Kuhlowitz endet, liegt der Paulinenhof, ein 100 Jahre alter Vierseithof. Durch Corona brach die Nachfrage nach Hotelzimmern und Seminarräumen komplett ein, da Menschen zuhause blieben und Meetings überwiegend digital abgehalten wurden. Hinzu kam das Problem, dass das Hotelgewerbe keine Branche ist, in der Beschäftigte vornehmlich im Homeoffice arbeiten können, was durch die Pandemie in vielen anderen Branchen gang und gäbe geworden ist. Fachkräfte wanderten in Jobs ab, in denen zuhause gearbeitet werden konnte und häufig auch höhere Gehälter gezahlt werden.
Die Nachfrage nach Meetingräumen hat sich inzwischen erholt. Geholfen hat auch, dass das Seminarhotel bereits lange vor Corona für hybride Tagungsformate technisch gut aufgestellt war. Was blieb ist der hohe Fachkräfte- und Bewerber:innenmangel. Viele Unternehmen im Niedriglohn-Sektor wenden sich an Zeitarbeitsfirmen, um die Fachkräftelücke zu verkleinern, indem sie Leiharbeitnehmer:innen befristet einstellen (Schäfer 2024). Der Paulinenhof wählte jedoch einen anderen Lösungsansatz und traf eine risikoreiche, aber mutige Entscheidung: „Wir erhöhten die Gehälter um 30 %, investierten viel Zeit in die Schaffung einer guten Arbeitsatmosphäre und hofften, dass unsere Mitarbeiter:innen ihre Gehälter dann entsprechend auch erwirtschaften“, berichtet Christian Rex, General Manager des Seminarhotels. Die besseren Gehälter führten dazu, dass die Abwanderung der Mitarbeitenden in andere Branchen gestoppt werden konnte. „Auch die Ausgangslage im Werben um qualifiziertes Personal hat sich spürbar verbessert. Zum Teil konnten ehemalige Mitarbeiter:innen sogar wiedergewonnen werden“, erzählt Rex.
Mit rein monetären Ansätzen ist es aber nicht getan, um dauerhaft ausreichend Fachkräfte zu halten. Der Arbeitnehmermarkt und die Digitalisierung beschleunigen Trends wie New Work, mit denen ein arbeitskultureller Wandel einher geht. Die tägliche Arbeit wird zunehmend als Teil der individuellen Lebensgestaltung gesehen und soll Sinnstiftung und gesellschaftliche Teilhabe bieten. Daher sind vielen Beschäftigten flexible Arbeitsmodelle, eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre und Möglichkeiten der Mitgestaltung im Unternehmen immer wichtiger (Klemme & Noack 2024). Dass diese Ansprüche der Arbeitnehmer:innen nicht nur Herausforderungen für Unternehmen sind, sondern auch Vorteil bringen, hat das Seminarhotel Paulinenhof erkannt. Durch Team-Events und Workshops, bei denen Mitarbeitende ihre Ideen für die Zukunft des Unternehmens einbringen, werden die Innovationskraft gestärkt und erfolgreich Change-Prozesse durchlaufen, die die Mitarbeitenden aktiv unterstützen. „Wir verstehen diese Team-Events nicht nur als Möglichkeit für die Beschäftigten sich einzubringen, sondern auch als informelle Weiterbildung. Im Gespräch und Brainstorming miteinander, stärken wir Softskills wie Empathie, Teamfähigkeit, Eigeninitiative und Problemlösungsfähigkeit“, berichtet Christian Rex. Dazu musste zunächst der Grundstein für ein echtes Wir-Gefühl gelegt werden. Der Paulinenhof hat zu dem Zweck unter anderem Barcamps durchgeführt, in denen die Beschäftigten gemeinsam Unternehmenswerte definierten, die ihnen wichtig sind und eine Strategie aufsetzten, wie diese Werte gelebt werden können. Ein Resultat davon ist, dass für Homeoffice geeignete Aufgaben, wie die Betreuung des Servicetelefons von zuhause erledigt werden können.
Den Ausbau der Aus- und Weiterbildung definierte der Paulinenhof als weitere Maßnahme, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Dabei schlägt das Unternehmen mit der Schulung zur/zum Ausbilder:in aller Mitarbeitenden zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen erhöht es das Verständnis der Belegschaft für die Relevanz der Ausbildung, zum anderen ermöglichen viele Ausbilder:innen im Unternehmen mehr Gestaltungsspielraum des Ausbildungsprozesses und dass Azubis in allen Abteilungen von pädagogisch geschulten Mitarbeitenden lernen können. „Uns ist wichtig, dass Azubis sich nicht als billige Arbeitskräfte verstanden fühlen, sondern als geschätzte Mitarbeiter:innen, ohne die unser Betrieb nicht laufen würde“, so Rex. Zusätzlich stehen die Türen des Unternehmens regelmäßig an selbstorganisierten Bewerbungstagen für potenzielle Azubis und Fachkräfte offen.
Das Seminarhotel zeigt, wie Transformation durch die Teilhabe der Belegschaft, Weiterbildung und Future Skills auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gelingen kann. Christian Rex hat daher beim Future Skills 2025 der Bertelsmann Stiftung seine Erfahrung geteilt, inwiefern Unternehmen auch Lernorte sind und so Beschäftigte für Weiterbildung motiviert werden können.
Den Link zur aktuellen Studie finden Sie hier.
Alle Beiträge dieser Blogreihe:
Fachkräfte dringend gesucht: Wie ein Handwerksbetrieb mit dem Mangel umgeht
Mit Mut, Zusammenhalt und frischen Ideen – die Erfolgsgeschichte eines Seminarhotels
Quelle:
Klemme, L., Noack, M. (2024). Kompetenzen für morgen – Diese Future Skills suchen Unternehmen schon heute. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Schäfer, H. (2024): Beschäftigungsdynamik im Niedriglohnsektor, IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, Köln: Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
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