Spurhaltesystem, Gefahrenwarner und Einparkhilfe – Wenn es darum geht, mit dem Auto sicher durch den Verkehr zu gelangen, können wir uns auf zahlreiche technische Hilfen verlassen. Assistenzsysteme sorgen dafür, dass wir nicht mit irgendetwas kollidieren oder im Graben landen. Warum sollte das in anderen Bereichen unseres Lebens nicht auch funktionieren?

Zumindest für den Bereich Ausbildung & Beruf wird genau das jetzt forciert. Das Schlagwort heißt Assistierte Ausbildung. Junge Menschen sollen zukünftig gezielter in einem für sie passenden Job und Ausbildungsbetrieb „einparken“, rechtzeitig vor möglichen Gefahren gewarnt werden und langfristig besser ihre berufliche Spur halten.

Doch wie genau gelingt das und was ist überhaupt eine Assistierte Ausbildung? In jedem Fall scheint sie Gewicht zu haben: Immerhin steht sie im Koalitionsvertrag, die Kanzlerin hat auf dem Integrationsgipfel über sie gesprochen, Wirtschaft und Gewerkschaft verhandeln sie im Rahmen des Ausbildungspakts, der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert sie und die Bundesagentur für Arbeit will sie ausbauen. Klingt doch vielversprechend!

Die Initiative „Übergänge mit System“ der Bertelsmann Stiftung hatte die Assistierte Ausbildung schon vor zwei Jahren als gutes Beispiel genannt. Umso erfreulicher aus unserer Sicht, dass sie nun so prominent gefordert wird. Was ist nun das Besondere daran?

TRIALE AUSBILDUNG

Im Grunde geht es darum, dass sowohl Jugendliche als auch Ausbildungsbetriebe von einem Dienstleister individuell und passgenau unterstützt werden. Zu der für die duale Ausbildung klassischen Kombination aus Schule und Betrieb kommt ein Bildungsträger als dritter Partner hinzu. Wir sprechen hier deswegen auch von „trialer Ausbildung“.

Es gibt sie bereits seit 2004 als erfolgreiches Modellprojekt in Baden-Württemberg (www.carpo-esf.de). Über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren konnten im Projekt carpo fast 800 junge Menschen in über 120 Ausbildungsberufen einen Ausbildungsvertrag abschließen. Obwohl als chancenarm eingestuft, lag die Erfolgsquote der carpo-Azubis bei 96 Prozent. Normalerweise bricht rund ein Fünftel dieser Zielgruppe ihre Ausbildung frühzeitig ab.

KONKURRENZ ZUM DUALEN SYSTEM?

Drängt sich die Frage auf, ob hier vielleicht ein weiteres Ausbildungssystem etabliert werden soll, das mit dem dualen konkurriert. Die Antwort darauf lautet ganz klar: „Nein“. Die assistierte Ausbildung ist eine normale betriebliche Ausbildung – also kein neu gestalteter Sonderweg. Vergütung, Vertrag und Verantwortung sind genauso geregelt wie im dualen System. Betriebe müssen sich also nicht auf neue Vorschriften oder Strukturen einstellen.

Im Gegenteil, für Betriebe und Azubis wird es in Zukunft leichter. Denn die assistierte Ausbildung:

– schafft einen Ausbildungszugang für Menschen unterschiedlichster Voraussetzungen.

– führt Azubis und Betriebe passgenauer zusammen.

– bereitet junge Menschen auf die Ausbildung vor und begleitet sie dabei.

– fungiert als Frühwarnsystem für mögliche Abbrüche.

– bietet Azubis und Betrieben individuelle Unterstützung.

– führt zu besseren Ausbildungsergebnissen.

– erhöht die Chance auf einen erfolgreichen Übergang in den Beruf.

PRAKTISCHE HILFE

Was genau leistet nun die neue Ausbildungsassistenz für die Jugendlichen und einen Betrieb? Für die jungen Menschen geht es zunächst einmal um eine gute Vorbereitungsphase – also um die optimale Berufsfindung, Bewerbungstrainings und den für sie passenden Betrieb. Dabei werden sie von einem Träger der Jugendberufshilfe beraten und unterstützt. Das geschieht natürlich auch während der Ausbildung selbst, wenn Nachhilfe benötigt wird oder es um Fragen zur Lebensbewältigung und Existenzsicherung geht.

Die Betriebe erhalten Hilfe mit Blick auf besondere Zielgruppen, in Sachen Bewerbungs- und Ausbildungsmanagement und werden auch bei der Lernortkooperation mit der Berufsschule unterstützt. Kommt es zu Krisen oder Konflikten im Ausbildungsverhältnis, erhalten beide Seiten Beratung und Unterstützung. Die Assistierte Ausbildung berücksichtigt auch besondere Lebensumstände. So kann sie zum Beispiel in Teilzeit durchgeführt werden, wenn ein Kind zu betreuen ist.

DAUMEN HOCH VOM TEAM „CHANCE AUSBILDUNG“

In unseren Augen ist die Assistierte Ausbildung ein vielversprechendes und zukunftsfähiges Modell. Es stärkt den Grundgedanken des dualen Systems, indem es noch mehr Menschen den Zugang zu einer Ausbildung ermöglicht. Mit der Jugendberufshilfe als drittem Partner können Azubis effektiv begleitet werden, außerdem wird das vorhandene Fachkräftepotenzial viel besser genutzt.

Wichtig ist aber auch: Die Assistierte Ausbildung ersetzt nicht die von uns und anderen geforderte Ausbildungsgarantie. Denn auch die Assistierte Ausbildung wird immer nur in einer begrenzten Anzahl von Plätzen angeboten werden können. Das Gebot der Stunde muss aber sein, jedem eine Chance auf Ausbildung zu geben.