Nachdem ich bereits den „Frankfurter Weg“ der abschlussorientierten Nachqualifizierung vorgestellt habe, führt der heutige Blog nach Berlin. In Kreuzberg habe ich die Arbeit vom BBZ Berlin (Bildungs- und Beratungszentrum für Beruf und Beschäftigung gGmbH) kennengelernt. Von der einen Seite betrachtet schafft das BBZ berufliche Perspektiven – von der anderen Seite leistet es wirtschaftsorientierte Fachkräfteentwicklung. Fakt ist: Seit 2009 haben mehr als 600 Menschen an einer Nachqualifizierung teilgenommen. In sieben Berufen qualifiziert das BBZ Kaufleute, Logistiker*innen, Elektroanlagenmonteur*innen oder Maler*innen. Inzwischen haben mehr als 400 der Teilnehmenden eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder der Handwerkskammer abgelegt – knapp 90 % von ihnen haben bestanden. Sie haben damit deutlich ihr Risiko gemindert, arbeitslos zu sein, denn in Deutschland hat ein Berufsabschluss einen hohen Wert!

Vor Beginn einer Nachqualifizierung wird beim BBZ eine individuelle Einstiegsberatung durchgeführt. Hierbei werden die verwertbaren beruflichen Vorerfahrungen eingeschätzt und individuell abgestimmt, welche Inhalte das Einstiegsmodul haben muss und auch wie die Qualifizierung bis zum Berufsabschluss gestaltet wird. Im Rahmen des Einstiegsmoduls erfolgt dann die „fachliche Feststellung“ und das BBZ stimmt mit der zuständigen Kammer frühzeitig ab, dass Teilnehmende am Ende der Qualifizierung zur Prüfung zugelassen werden können. Hierzu müssen auch schriftliche Nachweise früherer Arbeitgeber (z. B. Zeugnisse, Nachweise zu abgebrochenen Ausbildungen u. ä.) vorgelegt werden. Für einen Teilnehmenden wurde dafür sogar schon mal „down under“ bei der Port Authority von Perth eine Bestätigung angefordert. Durch die Anerkennung von beruflichen Vorerfahrungen kann die Qualifizierungszeit bis zum Abschluss verkürzt werden. Im Durchschnitt liegt sie beim BBZ bei knapp 13 Monaten. 

„Portfolio Nachqualifizierung“ – ein zentrales Dokumentations- und Steuerungsinstrument

Das BBZ ist Mitglied im SANQ Netzwerk zur Förderung der Nachqualifizierung (SANQ e. V.). Von SANQ wurde im Rahmen eines BMBF-geförderten Projekts das „Portfolio Nachqualifizierung“ entwickelt. In diesem Portfolio wird wie oben beschrieben die berufliche Vorerfahrung bezogen auf den angestrebten Berufsabschluss als Referenzgröße festgehalten und die darauf aufbauende Qualifizierungsplanung aufgezeigt. Wenn das Portfolio bei Start der Nachqualifizierungsmaßnahme von der IHK bestätigt wird, ist die Zulassung zur „Externen Prüfung“ gewährleistet. Voraussetzung ist, dass die Qualifizierung auch gemäß der Planung umgesetzt wird und zum Prüfungszeitpunkt Modulzertifikate als Nachweis der Umsetzung vorgelegt werden können. SANQ (heute komplett ehrenamtlich getragen) hatte diese Vereinbarung mit der IHK Berlin und drei Innungen geschlossen. Die frühzeitige Aussicht auf die Prüfung wirkt auf die Teilnehmenden enorm motivationssteigernd und gibt Planungssicherheit. 

Erfolgsfaktoren beim BBZ

Da beim BBZ alle Module der Qualifizierung in einem Berufsbild parallel laufen, können Teilnehmende jeweils in das für sie individuell geeignete und geplante Modul einsteigen. Das ist für sie ein Vorteil, für die Mitarbeiter des BBZ bedeutet es fortlaufende Anpassung ihrer Arbeit. Daher gibt es die „BBZ-Werkstatt“, ein internes Instrument der Mitarbeiterentwicklung und Qualitätssicherung. Dort setzen sich die Mitarbeiter mit den Anforderungen auseinander, die die Umsetzung individueller Qualifizierungsplanungen mit sich bringt (beispielsweise flexible Ein-, Aus- und Umstiege in die Module).

Das BBZ hat das Ziel, dass jeder Teilnehmende spätestens 6 Wochen nach Beginn der Qualifizierung einen Betrieb hat, in dem die betrieblichen Anteile vermittelt werden. Dabei hat dieser Qualifizierungsanteil keinen Praktikumscharakter – viel mehr sollen die Teilnehmenden kontinuierlich, wie bei einer Berufsausbildung, in den Betrieben zum Einsatz kommen.

Als weiteren Erfolgsfaktor nennt man mir die gestreckte Modulprüfung. Teilnehmende werden nicht erst am Ende eines Moduls über die gesamten Inhalte geprüft, sondern schon alle 6 Wochen in Teilbereichen. Das ermöglicht eine zielgerichtete Unterbreitung von Wiederholungs- und Unterstützungsangebote, wenn Inhalte nicht ausreichend verstanden oder versäumt wurden. Und noch ein Vorteil der Nachqualifizierung beim BBZ: alle eher theoretischen Inhalte (Wirtschafts- und Sozialkunde, Mathematik …), die im Rahmen der „Externen Prüfung“ vorausgesetzt werden, sind in die verschiedenen Module der Nachqualifizierung integriert oder werden in der gezielten Vorbereitung im BBZ kurz vor der Prüfung vermittelt. Es muss keine (Berufs-)Schule zusätzlich besucht werden – häufig weckt „Schule“ bei der Zielgruppe der Teilnehmenden von beruflichen Nachqualifizierungen eher negative Assoziationen und würde ihren Lernerfolg mindern.

Ähnlich wie bei smart work frankfurt (ich berichtete) hat jeder während seiner ganzen Qualifizierung einen Bildungsbegleiter. Das ist übrigens ein weiterer Erfolgsfaktor, den auch das Bundesinstitut für Berufsbildung auch in der Empfehlung des Hauptausschusses vom 15. März 2018 „Abschlussorientierte Qualifizierung Erwachsener: Gelingensbedingungen und Erfolgsfaktoren“ unter Punkt 3 angegeben hat.

Last but not least: Die Arbeit des BBZ stützt sich auch auf eine solide, ausgefeilte IT-gestützte Planung und ein Monitoring, was schnellen Überblick über alle Aktivitäten gewährt.

Und zu allerletzt noch mal ein Hinweis auf das Kölner Bildungsmodells – eine weitere Möglichkeit der modularen beruflichen Qualifizierung. Aus der Evaluation von gut vier Jahren modularer beruflicher Qualifizierungsarbeit in Köln ergeben sich Empfehlungen an die Bundesagentur für Arbeit. Diese werden am 4. Februar 2019 in Köln vorgestellt. Die Anmeldung zu dieser Veranstaltung ist nur noch bis zum 25. Januar 2019 möglich mit folgendem Link: https://www.bildung.koeln.de/Anmeldung_KoeBi