Zum neuen Deutschen Weiterbildungsatlas gab es seit der Veröffentlichung Anfang Juli einige Berichte in Online- und Printmedien. Vor allem regionale Tageszeitungen haben die Ergebnisse ihrer Kreise und kreisfreien Städte dargestellt und in den lokalen Kontext eingeordnet. Aber auch überregionale Medien haben die regionalen Unterschiede aufgegriffen. Fast immer fiel die Berichterstattung positiv aus. In einem online publizierten Kommentar wurde allerdings – und das nicht ganz zu Unrecht – kritisiert, dass im Weiterbildungsatlas E-Learning und Online-Weiterbildungen zu kurz kommen würden. Welche Rolle diese Weiterbildungsformate im Weiterbildungsatlas spielen, auch wenn sie in der Studie nicht explizit angesprochen werden, wird in diesem Blogbeitrag diskutiert.

Der Weiterbildungsatlas untersucht die regionale Weiterbildung in Deutschland. Gerade in der jüngeren Vergangenheit wurden sogenannten E-Learning-Formaten und Online-Weiterbildungen mehr Bedeutung zugesprochen, weil sie zeitlich und räumlich deutlich flexibler sind als klassische Weiterbildungen. Dass diese im Atlas nicht explizit als Formate benannt wurden, mit denen sich die Weiterbildung vor Ort verbessern ließe, kritisierte Martin Ramsin in einem online publizierten Kommentar auf deutsche-startups.de. In manchen Bereichen sind diese Formate tatsächlich schon sehr verbreitet. So zum Beispiel im IT-Bereich. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass sich auch die kommunale Weiterbildungslandschaft durch diese neuen Formate verbessern ließe. Das muss aber nicht zwangsläufig sein. Es hängt vor allem davon ab, wie hoch die Digitalkompetenz der Zielgruppe ist und ob die Weiterbildungen überhaupt sinnvoll digitalisierbar sind.

Auf Grundlage der im Weiterbildungsatlas durchgeführten Fallstudien haben wir festgestellt, dass vor allem eine bedarfsorientierte Kooperation der Weiterbildungsakteure und eine trägerunabhängige Beratung die Weiterbildung vor Ort verbessern können. Online-Weiterbildungsformate können nun selbstverständlich Bestandteil des lokalen Weiterbildungsangebotes sein, das bedarfsorientiert durch die Akteure abgestimmt wurde. Durch diese können gerade im ländlichen Raum Personen erreicht werden, die sich Weiterbildungen aus Zeit- oder Kostengründen sonst nicht leisten könnten. Aber auch im urbanen Raum gibt es sicherlich Weiterbildungen (beispielsweise im bereits benannten IT-Bereich), die besonders gut in Online-Formaten funktionieren. In solchen Bereichen ist die klassische Weiterbildung im Seminarraum unter Umständen nicht die beste Alternative. Andererseits – und das darf nicht vergessen werden – bedarf es aber auch heutzutage weiterhin einer Reihe von Angeboten, die in einem klassischen Rahmen stattfinden sollten. Beispiele sind der Computer-Kurs für Senioren oder die Fortbildung im handwerklichen Bereich. Gerade Personen, die eine niedrige Digitalkompetenz aufweisen, müssen zunächst offline in dieser weitergebildet werden, bevor überhaupt an die Sinnhaftigkeit einer Online-Weiterbildung gedacht werden kann. Und bei handwerklichen Weiterbildungen scheint eine Online-Weiterbildung auch nicht besonders vielversprechend, weil in einer Werkstatt Materialien und Werkzeuge benötigt werden. Weiterbildungen, die durch ihren Inhalt eine physische Präsenz der Lernenden voraussetzen, sollten auch weiterhin vor Ort angeboten werden.

Aufgrund der räumlichen und zeitlichen Flexibilität der Online-Weiterbildung und der Beobachtung, dass der für diese Angebote besonders relevante IT-Bereich weiterhin wächst, ist zu erwarten, dass diese Formate in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden. Das Interessante ist jetzt allerdings, dass in dem Fragebogen des Mikrozensus, mit dem bei dem Weiterbildungsatlas die Weiterbildungsteilnahme gemessen wurde, im Jahr 2013 erstmals die „E-Learning-Fortbildungen“ in die Frage zur Weiterbildung aufgenommen wurden. 2012 waren sie noch nicht enthalten. Das Verständnis von Weiterbildungen wurde also erweitert und dennoch nahm die Teilnahme ab. Die steigende Bedeutung von E-Learning-Aktivitäten kann also derzeit den Rückgang bei den klassischen Formaten noch nicht substituieren, weil die E-Learning-Aktivitäten bis jetzt offensichtlich nur einen kleinen Teil der gesamten Bevölkerung ab dem 25. Lebensjahr erreichen.

Auch wenn der Weiterbildungsatlas es nicht explizit formuliert: Um gute Chancen auf beruflichen und sozialen Aufstieg für alle Einwohner herzustellen, sollten die kommunalen Akteure die Potenziale von neuen Weiterbildungsformaten im Blick haben. Gerade in ländlichen Räumen können diese Formate eine kostengünstige Alternative darstellen, um Menschen zu erreichen, die sonst räumlich und damit einhergehend auch zeitlich von Weiterbildungen abgeschnitten sind. Auf der anderen Seite sollte allerdings nicht auf „Teufel komm raus“ jede Weiterbildung digitalisiert werden: Der „Internet für Einsteiger“-Kurs ist ein anschauliches Beispiel für einen Kurs, der online einfach keinen Sinn ergibt. Weiterbildungen sollten nämlich online wie offline stets an den Bedürfnissen und vorhandenen Kompetenzen der Lernenden ausgerichtet sein.