Hört und sieht man sich einmal in den Medien um, so stellt man fest, dass häufig die Rede vom multimedialen Unterricht ist. Mit Whiteboards, Visualizer und Co. soll den Schülern der zu erlernende Stoff interaktiv und abwechslungsreich vermittelt werden. Schön und gut. Doch funktioniert dies wirklich? Als ehemaliger Gymnasiast und momentaner Auszubildender bei Bertelsmann habe ich mir ein persönliches Bild darüber gemacht.
Zu den Anfängen meiner Schulzeit (Abschlussjahrgang 2014) war von Whiteboard oder ähnlichem noch gar nicht die Rede. Das höchste Maß an „multimedialen“ Geräten war der Over-Head-Projektor – und das war damals schon etwas Unglaubliches. Ein Bild, was an die Wand geworfen wurde. Die Materie der Schulfächer wurde von den Lehrern klassisch an die Tafel geschrieben und es gab –teilweise- noch handgeschriebene Arbeitsblätter. Mitte der 2000er Jahre war das der ganz normale Alltag und wir sind bestens damit klar gekommen – der Unterricht hat Spaß gemacht und war abwechslungsreich (im Übrigen ist der heutige Unterricht immer noch sehr abwechslungsreich, jedoch auf eine andere Art und Weise – dazu komme ich aber später). Derweil scheint es jedoch so, als wäre man in diesem Stadium teils stehen geblieben.
Zum Ende meiner gymnasialen Zeit wurde der Unterricht zu großen Teilen immer noch so gestaltet, wie eh und je. Doch das war bzw. ist lange nicht mehr zeitgemäß.
Der technische Fortschritt hat ab den 2010er Jahren rasant zugenommen – erst multifunktionale Computer, dann Smartphones, Tablets und Co. Und es geht immer so weiter. Wer weiß, was in den nächsten Jahren an technischen Geräten noch kommen mag. Anscheinend wurden die Schulen von dieser Entwicklung schier überrumpelt – jedenfalls haben sie in dieser Geschwindigkeit nicht mithalten können. So kam es zu dem Umstand, dass wir im Jahre 2013, ein Jahr vor meinem Abitur, das erste Whiteboard meiner Schule eingerichtet wurde. Dieses war jedoch nur der Oberstufe vorbehalten und es gab genau ein Einziges. Für eine Schule, die sich „multimedial“ nennt, recht mager. Hinzu kam, dass fast alle Lehrer dies nicht genutzt haben, da sie sich schlicht nicht damit auskennen und nur eine kleine Einführung bekommen haben.
Dieses Beispiel zeigt, dass einiges noch nicht so läuft, wie es eigentlich laufen sollte. Heutzutage ist der Unterricht einfach nicht mehr zeitgemäß. Schon die Schüler der 5./6. Klasse können ein iPhone bedienen, aber die Möglichkeit ein Laptop oder Tablet im Unterricht zu nutzen besteht noch nicht. Natürlich würde es enorm viel kosten, für jeden Schüler ein Tablet anzuschaffen. Vielmehr könnte jeder sein privates Gerät nutzen. Was im Arbeitsalltag längst üblich ist (den Laptop für Notizen nutzen, anstatt Stift und Papier, etc.) wird in der Schule noch lange nicht angewandt.
Dabei wäre es so viel leichter, wenn es z.B. ein Schulserver o.ä. geben würde, auf den Dokumente, etc. hochgeladen und von vielen Schülern gleichzeitig bearbeitet werden könnten. So ein vernetztes Arbeiten und Lernen ist in vielen Unternehmen gängige Praxis. So sind einige Schüler leicht überfordert, wenn sie in den Job o.ä. einsteigen und mit derartigen Systemen konfrontiert werden (ich im Übrigen auch). Wie soll es auch sonst anders gehen? Von der Schiefertafel hin zum vernetzten System. Dass es da zu Problemen kommt, ist nicht verwunderlich.
Die Berufsschulen sind da bereits schon weiter. Das Arbeiten mit Whiteboard, im Unterricht Lernvideos schauen oder eine Community zum gemeinsamen Lernen – das ist längst normal. Da es in der heutigen Welt nicht mehr ohne Technik geht, sollten sich die öffentlichen Schulen ein Beispiel an Berufsschulen oder Universitäten nehmen. Doch woher kommt dieser klare Vorteil? Ganz einfach! Sowohl Berufsschullehrer als auch Kommilitonen haben ständig mit neuen Medien zu tun. Am Beispiel Bertelsmann lässt sich das ganz gut erklären: Das Berufskolleg von Bertelsmann ist eines der wenigen, die privat – in diesem Falle vom Unternehmen- geführt werden. Somit sind alle Lehrer auch automatisch Angestellte des Unternehmens. Sie arbeiten täglich mit PC, Netzwerken usw. In regelmäßigen Abständen finden Fortbildungen statt, in denen der Umgang und Einsetzbarkeit dieser Medien geschult werden. Diese Kompetenzen können die Lehrer perfekt im Unterricht anwenden und gestalten so eine moderne, zeitgemäße und flexible Lernatmosphäre.
Wenn es also ein übergreifendes Lernen 4.0 geben soll, müssen einerseits die technischen Voraussetzungen mehr gefördert werden, andererseits sollten aber auch Lehrkräfte dementsprechend geschult werden. Das heutige Zeitalter erfordert es, dass alle Schüler optimal auf die hoch-technologisierte Arbeitswelt vorbeireitet werden.
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