Niedrige Jugendarbeitslosigkeit …
Deutschland kann neben Österreich und der Schweiz europaweit mit den niedrigsten Quoten der Jugendarbeitslosigkeit punkten. Allerdings sollte dies nicht über die rund 14 % der Jugendlichen eines Altersjahrgangs hinwegtäuschen, die in Deutschland keinen Berufsabschluss oder eine andere anerkannte Qualifikation erreichen. Prognosen sagen zudem voraus, dass ab Mitte der kommenden 20er Jahre noch immer 52.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss und 134.000 lediglich mit einem Hauptschulabschluss verlassen werden.
… aber zu viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz in Maßnahmen des Übergangs
Jährlich nehmen in Deutschland rund eine Viertel Million Jugendliche an Maßnahmen des Übergangs teil, obwohl der größte Teil eine Ausbildung machen möchte und auch dazu in der Lage wäre. Der Anteil von Betrieben, die sich an Ausbildung beteiligen, ist auf etwas mehr als ein Fünftel gesunken. Wirtschaft und Unternehmen suchen jedoch in manchen Gegenden händeringend nach passenden Auszubildenden. Andererseits fehlen aber immer noch Ausbildungsplätze. Insbesondere für Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss und solche mit Migrationshintergrund stellt das eine echte Zugangsbarriere zu Ausbildung und Beschäftigung dar. Laut Berufsbildungsbericht 2014 ist die Zahl der unversorgten Bewerber/-innen gegenüber dem Vorjahr um etwa ein Drittel auf mehr als 21.000 gestiegen. Fast 100.000 Jugendliche fragen außerdem keine Unterstützung bei der Ausbildungssuche mehr nach.
Dieses Dilemma, das über Jahrzehnte hinweg bestehende Strukturproblem des Ausbildungsplatzmangels, muss endlich Anlass sein, um an eine Lösung zu denken, die für alle Jugendlichen den Zugang zu Ausbildung möglichst weitgehend sichert.
Die Bundesregierung hat im Dezember mit der Allianz für Aus- und Weiterbildung noch einmal bekräftigt, in Deutschland eine Ausbildungsgarantie realisieren zu wollen. Wie verbindlich der Charakter dieser Garantie allerdings sein soll, bleibt vage.
Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit plädiert für gesetzliche Regelung der Ausbildungsgarantie und lässt die Möglichkeiten prüfen
Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert schon seit längerer Zeit gemeinsam mit anderen Organisationen die Einführung einer Ausbildungsgarantie und hat dies mit einer Reihe von Aktivitäten unterstrichen (siehe http://www.jugendsozialarbeit.de/ausbildungsgarantie, Film zur Veranstaltung „Ausbildungsplatzgarantie jetzt!“ am 21.5.2013 , Fachkräftereise nach Wien im September 2014).
Eine Ausbildungsgarantie soll allen jungen Menschen den Zugang zu Ausbildung sicherstellen. Alle Jugendlichen sollen damit einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz erhalten. Damit einher geht auch die Unterstützung der Jugendlichen, die noch keine Ausbildung aufnehmen können: Wenn ein/e Jugendliche/r zuerst noch pädagogische Förderung braucht, muss diese gezielt erfolgen und am Ende der Förderung muss dann ebenfalls der Rechtsanspruch greifen. Ein wichtiger Teil dieser Forderung besteht darin, dass der Zugang zu Ausbildung im Sinne einer Ausbildungsgarantie einer rechtlich gestützten Absicherung bedarf. Um die rechtlichen Optionen für eine solche Absicherung zu prüfen und die Fragestellungen für eine Umsetzung zu definieren, wurde eine Expertise in Auftrag gegeben, die die Möglichkeiten einer sinnvollen rechtlichen Verankerung und Umsetzung dieser Ausbildungsgarantie ausloten soll.
Eine Expertise liefert Vorschläge zur rechtlichen Verankerung und Umsetzung
Die Expertise kommt zu dem Ergebnis, dass der Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz und ausbildungsbegleitende Unterstützungen im SGB III etabliert werden sollte, das auf die Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben abzielt und damit zielkonform zur angestrebten Ausbildungsgarantie ist. Zudem sind eine Reihe von Komponenten für die Umsetzung einer Ausbildungsgarantie schon als Förderinstrumente im SGB III enthalten, wie Ausbildungsbegleitende Hilfen, Berufsvorbereitung, Berufseinstiegsbegleitung und demnächst auch die Assistierte Ausbildung.
Weiter kommt die Expertise zu dem Befund, dass auch im BBiG/HwO, d. h. in den Ordnungsgesetzen der Berufsausbildung, Anpassungen erfolgen müssen. Diese sollten vor allem darauf abzielen, die Gleichwertigkeit von außerbetrieblicher und betrieblicher Berufsausbildung zu fördern. Neben Regelungen, die die Ausbildungseignung der außerbetrieblichen Einrichtungen und des dort eingesetzten Ausbildungspersonals festlegen, müssten die Höhe und Bemessungsmaßstäbe der Ausbildungsvergütung sowie die Dauer, Ziele und Inhalte der ausbildungsbegleitenden betrieblichen Praktika verbindlicher beschrieben werden.
Zur Diskussion um die rechtliche Verankerung einer Ausbildungsgarantie leistet die Expertise einen wichtigen Beitrag. Jedoch kann als sicher gelten, dass diese Debatte verpuffen wird, wenn nicht der politische Wille dazu da ist, Jugendlichen in Deutschland ein echtes Versprechen auf eine berufliche Perspektive zu geben. Eine Perspektive, die auf einer Qualifikation fußt, die durch eine abgeschlossene Berufsausbildung erworben wurde – und dies unabhängig von Herkunft und sozialem Status.
Die Expertise „Möglichkeiten zur Etablierung einer Ausbildungsgarantie mit integrierter Ausbildungsassistenz im deutschen Recht“ im Auftrag des Internationalen Bundes (IB) im Rahmen des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit kann kostenlos heruntergeladen werden:
http://www.jugendsozialarbeit.de/media/raw/UDE_Ausbildungsgarantie_07082014__FIN_.pdf
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